Auf und ab

Unser letzter Reisetag führte dauernd zu gegensätzlichen Erfahrungen. Der heißeste Morgen unserer Zeit hier lud wieder zum Frühstück im schattigen Garten ein. Anschließend ging es daran, aus fünf Gepäckstücken vier zu machen, unser Großer wollte seine voluminöse Reisetasche schon mit nach Dresden geben. Für den Monat, den er nun noch in Tel Aviv im Hostel arbeitet, sollte der Rucksackinhalt ausreichen.

Wir drehten eine Abschiedsrunde durch die Stadtteile Florentin und Jaffa, bekamen einen letzten Eindruck von Alltagsleben mit: die hinter Sicherheitszäunen geschützte Schule, witzige Kneipen, der Flohmarkt, Graffiti und spannende Installationen an den Hauswänden, eine Parade von Fanfarenzug und orthodoxen Pfadfindern zum (orthodoxen) Ostermontag.


Dabei mussten wir möglichst auf der Schattenseite der Straßen bleiben, schon am Vormittag war es brütend heiß. So flüchteten wir uns für den Mittagsimbiss erneut in den Garten des Beit Immanuel, von dem wir uns dann verabschieden mussten. Das ist wirklich eine empfehlenswerte Unterkunft!

Von unserem Teilzeitisraeli gut geleitet, machten wir uns mit Bus und Bahn auf zum Flughafen. Das uns dabei die Züge sehr bekannt vorkamen, erschien schon wie ein kleiner Gruß aus der Heimat.

Perfekt zwei Stunden vor Abflug nach Frankfurt waren wir so am Flughafen Ben Gurion. Nun mussten wir Abschied nehmen von unserem Großen, im Gefühlsdurcheinander von Traurigkeit über die erneute Trennung, Dankbarkeit für die schönen Tage miteinander und die professionelle Reiseleitung, gespannte Neugierde auf die Erlebnisse, die im kommenden Monat hier in Tel Aviv noch auf ihn warten.

Dann mussten wir drei lange Warteschlangen bezwingen und es wurde zeitlich immer knapper: wir standen 45 Minuten für eine erste Sicherheitsabfrage und Passkontrolle, an deren Ende wir mit der Befragenden die Bedeutung des Namens unserer Jüngsten geklärt hatten. Mit Hilfe von Jammern an der richtigen Stelle und Wechsel der Reihe konnten wir nach 35 Minuten zappliger Ungeduld endlich einchecken. Die Sicherheitskontrolle kostete uns nur eine Viertelstunde, der Pass wurde elektronisch eingelesen, dann mussten wir noch zum richtigen Gate hasten. Dort hatte der Stress ein Ende: das Bording verzögerte sich, der Abflug erfolgte erst knapp 90 Minuten nach der geplanten Zeit. Puh! Zum Glück hatten wir in Frankfurt zwei Stunden Umsteigezeit und der Flug nach Dresden verzögerte sich auch leicht, aber es gelang dann doch, einigermaßen pünktlich 23.20 Uhr in Dresden anzukommen. Bei 8 Grad Celsius! Wir mussten gleich Pullis, Jacken und Schals herausholen.

Am Flughafen Dresden wurden wir liebevoll von Gerit & Co. empfangen, passend platziert und fotografiert und nach Hause gefahren, so fühlte sich die Rückkehr gleich besser an.


Hier endet dieser Blog, vielen Dank für Eure Anteilnahme und die positiven Rückmeldungen, die uns immer wieder motiviert haben, am Schreiben dranzubleiben. In der Absonderung des Jerusalemer Hotelzimmers hat es auch geholfen, auf eine besondere Art an der Reise und den Erfahrungen der Nichtinfizierten teilzuhaben. Wie schreibt Roberto Simanowski, ein Sprachwissenschaftler, der sich mit Sprache im Zeitalter von facebook, tiktok etc. beschäftigt? “Sprache ist das Medium, mit dem man Distanz zur Welt einnimmt, um sie klarer zu sehen und zu verstehen.“ Und so war die Distanz zur Welt sogar doppelt gegeben, ob die Weltsicht dadurch auch doppelt so klar war – wer weiß?

Was bleibt von diesen zehn Tagen?

  1. Corona ist blöd; Corona zu haben, ist superblöd; wegen Corona nicht in voller Besetzung fahren zu können, ist absolut traurig, Corona auf Reisen in Israel zu haben ist ein Gipfel an Ärgerlichkeit.
  2. Trotzdem ist es gut, die Reise gemacht zu haben. Wir konnten unseren Sohn vor Ort und seinen Arbeitsplatz sehen, wir hatten vier gemeinsame Tage in Tel Aviv und immerhin alle einen Eindruck von Jerusalem, einige mit einem Bonus von Wüste, Oase und Totem Meer. Das ist ja eigentlich ganz schön viel Schönes und Spannendes!
  3. Jerusalem ist eine eindrucksvolle, orientalische, anstrengende Stadt.
  4. Woher soll eigentlich Frieden kommen, wenn schon innerhalb der Religionen so viel Streit um die “richtige“ Art der Auslegung herrscht?
  5. Bethlehem ist noch anstrengender. “Weihnachtsfriede“ sieht anders aus.
  6. Am und im Toten Meer ist es einfach nur schön.
  7. Tel Aviv ist sehr europäisch, sehr jung und hipp, architektonisch interessant und die Lage am Mittelmeer ist beneidenswert.
  8. Über Pessach nach Israel zu fahren, ist nicht so günstig: von 10 Tagen waren drei Tage Shabbat mit mehr oder weniger streng gehandhabter Ruhe und Schließung von Geschäften, Restaurants, Museen, Bahnhöfen etc. Außerdem gab es zu wenig (Pita- )Brot, weil ja Mazzen- Zeit war.
    Israel hat ein beeindruckendes Konzept für den öffentlichen Verkehr: mit einer aufladbaren Karte fährt man im ganzen Land im Fern- und Nahverkehr für wenig Geld – wenn nicht gerade Sabbat oder Vorabend des Sabbat ist.
  9. Wir wünschen unseren großen Kindern, die über Himmelfahrt gemeinsam in Israel sein werden, eine gute Zeit!
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